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ERINNERUNGS
REICH

Margareta Gründer liebt ihr Quartier, ihre Wohnung in einer ruhigen Seitenstraße hinter dem Bahnhof Wilhelmshöhe und zur Mittagszeit ein Päuschen in ihrem bequemen Sessel. 1956 war sie mit Ehemann und Tochter eine der Ersten, die in den damaligen Neubau einzogen.

W

ir sind von der ersten Sorte: ich und meine drei Nachbarinnen in den Häusern hier.

Margareta Gründer erinnert sich – an die Kohleöfen damals, aus denen erst Ölofen und dann die asche- und rußfreie Fernwärme wurde. Sie kennt noch die Zeit, als von einem ICE-Bahnhof nicht einmal geträumt wurde. Man blickte auf eine ziemlich landwirtschaftliche Umgebung, und war Zissel, sah sie die Lichter der Karussells und das Feuerwerk. Und wenn die Naumburger Kleinbahn mit ihrer Dampflok den Bahnhof verließ, wurden sogar die Fenster in der Wilhelm-Schmidt-Straße schmutzig.

Heute sind die Fenster dreifachverglast und der Bahnhof Wilhelmshöhe verschwindet hinter dem gegenüberliegenden Hotel. Inzwischen lebt die rüstige 93-Jährige alleine in der Wohnung im dritten Stock – ihrem Reich. Sie genießt das viele Licht, das die Zimmer durchströmt, und ihre Eigenständigkeit. In eine der unteren Etagen wollte sie nie, weder vor 60 Jahren, als der erste Stock ebenfalls frei war, noch jetzt, als die 1889 ihr eine Wohnung im Parterre anbot. /